Jirel, die Amazone by C. L. Moore

Autor:C. L. Moore [Moore, C. L.]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: TF 25
veröffentlicht: 2014-05-19T16:00:00+00:00

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Es war kaum Zeit vergangen. Sie näherte sich mit traumhafter Geschwindigkeit ihrem Ziel. Der Grund unter ihren Füßen begann morastig zu werden, und schon bald stieg ihr der Geruch von Sumpfpflanzen in die Nase. Jetzt sah sie auch, daß sich zwischen ihr und dem glühenden Turm ein breiter Streifen Moorland erstreckte.

Da und dort fielen ihr verschwommene Flecken auf, die sich durch dunkles Schilf bewegten. Es mochten Tiere sein, vielleicht aber auch nur Nebelschleier. Das Sternenlicht war nicht hell genug, Genaueres erkennen zu lassen.

Vorsichtig tastete sie sich über den nachgiebigen Sumpfboden. Wo dunkle Grasbüschel zu finden waren, war der Grund fester. Deshalb sprang sie von Grasfleck zu Grasfleck, immer noch mit erstaunlicher Leichtigkeit, daß ihre Sohlen den schwarzen Morast kaum berührten.

An vielen Stellen blubberten dicke Blasen im Sumpf und zersprangen. Es gefiel ihr hier absolut nicht.

Etwa auf halbem Weg bemerkte sie einen der weißen Flecken ganz langsam und in einem unberechenbaren Zickzackkurs auf sich zukommen. Er bewegte sich holpernd. Zuerst glaubte sie nicht, daß es sich um ein lebendes Wesen handeln konnte, so indirekt und scheinbar ziellos war seine Annäherung.

Kurz darauf hörte sie jedoch die saugenden und platschenden Geräusche, die er verursachte, und dann sah sie ihn auch besser, als er herbeihüpfte.

Sie glaubte, ihr Herz müsse stillstehen, und ihr Magen drehte sich um. Was sich ihr näherte, war eine Frau – eine wunderschöne Frau, deren nackter weißer Körper die Ebenmäßigkeit einer herrlichen Statue aufwies. Aber sie hatte sich wie ein Frosch zusammengekauert, und während Jirel sie ungläubig mit aufgerissenen Augen betrachtete, streckte sie abrupt die Beine aus und sprang auch wie ein Frosch – nur viel ungeschickter.

Sie fiel in voller Länge in den blubbernden Sumpf, unweit von Jirel, aber sie schien sie nicht zu bemerken. Ihr schmutzverschmiertes Gesicht war leer. Weiter hüpfte sie schwerfällig über das Moor. Jirel blickte ihr nach, bis sie sich als vager weißer Fleck in der Dunkelheit verlor.

Der erste Schock über diesen Anblick machte tiefem Mitleid Platz und einem Haß auf den, der verantwortlich dafür war, daß eine so schöne Frau ziellos durch den Sumpf hüpfen mußte – mit leerem Geist und blicklosen Augen. Zum zweitenmal in dieser Nacht, als sie ihren Weg fortsetzte, rollten Tränen über Jirels Wangen.

Der so mitleiderregende Anblick hatte ihr jedoch trotzdem ein wenig geholfen. Die menschliche Gestalt war also hier nicht unbekannt. Mochte es auch lederhäutige Teufel mit Pferdefüßen und Hörnern geben, wie sie sie immer noch erwartete, sie würde jedenfalls nicht das einzige menschliche Wesen sein – selbst wenn alle anderen so bedauernswert geistlos waren wie die Frau, die sie gesehen hatte.

Aber darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken. Es war zu unerfreulich und quälend. Sie war froh, als sie den Rand des Sumpfes erreicht hatte.

Sie brachte die kurze Strecke, die sie noch von dem Turm trennte, hinter sich. Dann sah sie, daß es sich tatsächlich um ein Bauwerk handelte, das aus Licht bestand. Es gab keinen Zweifel daran, auch wenn ihr Verstand es nicht begreifen konnte. Die Mauern waren reines Licht, das in sich leuchtete, ohne einen Schein abzugeben. Als sie

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